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Kein Kükentöten mehr in der Schweiz: Was das bedeutet

Chicks eclose from their eggs in the Natural Museum in Lucerne, Switzerland, March 22, 2008. (KEYSTONE/Sigi Tischler)

Im Naturmuseum Luzern schluepfen am Samstag, 22. Maerz 2008 in einem Brutkasten ...
Bibeli schlüpfen in einem Brutkasten.Bild: KEYSTONE

Kein Kükentöten mehr – ist jetzt alles gut?

Das grosse Kükentöten hat ein Ende. Doch die ethische Debatte ist damit noch nicht vorbei.
26.11.2025, 21:0028.11.2025, 07:59

Ein Hahn kann keine Eier legen. Für die Geflügelindustrie ist er wirtschaftlich wertlos – und wird deshalb nach dem Schlupf durch Vergasen getötet. Doch damit ist ab dem neuen Jahr Schluss.

In der konventionellen Landwirtschaft schlüpfen die sogenannten Brüderhähne, die männlichen Küken von Legehennen, künftig nicht mehr. Stattdessen werden männlichen Embryonen mittels spezieller Geschlechtsbestimmungstechnologie vor dem Ausbrüten aussortiert.

Die Fehlerquote liege bei zwei bis maximal fünf Prozent, sagt Gallosuisse-Präsident Daniel Würgler gegenüber SRF. Diese Küken werden dann wie bisher mit CO₂ getötet und kommen dann als Futter beispielsweise in Zoos.

In der Regel dauert es 21 Tage, bis aus einem Ei ein Küken schlüpft. Die Eier dürfen spätestens am Tag 12 nach dem Legen vernichtet werden, da ein Schmerzempfinden ab Tag 13 nicht mehr ausgeschlossen werden kann, wie uns die Juristin Sibel Konyo von der Stiftung für das Tier im Recht (TIR) mitteilt.

Hundreds of chicks mill around a stall at First State Animal Center and SPCA on Friday, May 16, 2025, in Camden, Del. (AP Photo/Mingson Lau)
Abandoned Chicks
In der konventionellen Eierproduktion werden künftig nur noch weibliche Küken ausgebrütet.Bild: keystone

Die Bio-Landwirtschaft hat sich gegen die Geschlechtsbestimmung im Ei entschieden. Sie zieht die männlichen Küken der Legehennen nach dem Schlüpfen auf und nutzt diese anschliessend zur Fleischproduktion. Weiter setzt die Bio-Landwirtschaft auf Zweinutzungsrassen – speziell gezüchtete Hühner, bei denen die Weibchen Eier legen und die Männchen Fleisch liefern.

Aussortierung ist umstritten

Der Ausstieg aus dem Kükentöten ist aus der Sicht der Stiftung für das Tier im Recht ein erster Schritt in die richtige Richtung. Dennoch sieht sie die Methode der Geschlechtsbestimmung im Ei nur als Zwischenlösung in einem System der Intensivtierhaltung. «Das Aussortieren männlicher Hühnerembryonen stellt weiterhin eine Tierwürdemissachtung dar», kritisiert Konyo.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind sich zudem weitgehend uneinig, ob Embryonen bereits nach sieben – statt erst nach 13 Tagen – über Empfindungsfähigkeit verfügen.

«Erster Schritt in die richtige Richtung»

Abgesehen vom Töten männlicher Küken bestehen weitere Tierschutzbedenken: «Hennen werden heute auf eine maximale Legeleistung gezüchtet. Im Schnitt legen sie über 300 Eier pro Jahr. In den meisten Betrieben leiden die Tiere schon nach 12 bis 16 Monaten infolge der extremen Beanspruchung an Osteoporose, Organschäden oder anderen gesundheitlichen Problemen», erklärt Konyo. In der industriellen Eierproduktion würden sie daher frühzeitig getötet und durch neue, leistungsfähigere Tiere ersetzt.

Neben der intensiven Zucht spielen auch die verschiedenen Haltungsformen für das Wohl der Tiere eine wichtige Rolle. In der Schweiz ist je nach Alter, Grösse und Haltungssystem eine Besatzdichte von sieben bis zu 20 Hennen pro Quadratmeter vorgesehen. Die Bio-Haltung unterliegt strengeren Vorschriften: Zulässig sind maximal fünf Hennen pro Quadratmeter Stallfläche, wobei einem Tier mindestens fünf Quadratmeter Auslauf zur Verfügung stehen muss. TIR bewertet das den Tieren zur Verfügung stehende Platzangebot als nicht tiergerecht.

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56 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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grumit
26.11.2025 21:22registriert März 2019
Eine Analyse der Uni Bern hat ergeben dass 97 Prozent aller Legehennen ein gebrochenes Brustbein hatten. Im Durchschnitt hatte jedes Huhn drei Knochenbrüche.
Auch Bio-Legehennen sind überzüchtet und zehren das Kalizum für die Eiproduktion aus den eigenen Knochen.
Die Rassen der Zweinutzungshühner wären deutlich gesünder, aber die Eier halt auch teurer, weil die Rassen weniger Eier legen.
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Maya Eldorado
26.11.2025 20:28registriert Januar 2014
Das einzig sinnvolle und für die Tiere nicht tödlich sind die Zweinutzungsrassen und Bruderhähne in der Bio-Landwirtschaft.
So muss sicher kein Kücken getötet werden.
Und die Hennen legen nicht Eier bis sie vor Erschöpfung frühzeitig getötet werden müssen oder gar von selbst sterben.
Ich kauf immer Bio Eier.
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Suki_2010
26.11.2025 20:14registriert Februar 2024
Das Thema trotz Gesetzesänderung zu publizieren (kein Töten mehr nach dem Schlupf männl. Küken durch CO2-Vergasung oder Schreddern) ist extrem wichtig! Vielen ist nicht klar, wie sehr Legehennen leiden, weil sie auf unnatürliche Maximal-Leistung gezüchtet werden u. bei der 1. Mauser (Legeleistung flacht ab) durch neue Hennen ersetzt und dann getötet werden.
Ich hätte mir gewünscht, dass die Haltungsbedingungen z.B. anhand einer Liste: konventionell vs. bio vs. Eier aus DE, transparenter hervorgehoben worden wären. Die paar Rappen mehr, für mehr Tierwohl, müssen es uns wert sein!
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